Der Siebenjährige Krieg am Hellweg
In der Zeit vom 13.06. bis zum 15.09.1761….
Auszug aus dem Vortrag von Alfred Leider zum Pröhlken 2012
Vorgeschichte:
- erstmalig waren im April 1757 französische Armeeeinheiten in Kamen, Hamm und Unna
- 1757: Wegen des schmählichen „Friedens“ von Kloster Zeven wechselte der alliierte Oberbefehlshaber: Ferdinand von Braunschweig löste den Herzog v. Cumberland, Sohn des Königs von England, ab
- im September 1758 war das Hellweggebiet wieder in französischer Hand – bis …..
- November 1759: Auch nach der verlorenen Schlacht von Minden verblieben die Franzosen am Hellweg und hatten ihre Winterquartiere am Rhein und in Hessen
- 1760: Französische Truppen setzten sich im Raum Dortmund fest, haben erneut ihre Winterquartiere am Rhein und in Hessen

Die französische Niederrheinarmee (NRA – ~75.000 Personen)
• ..hat im Jahr 1761 tief gestaffelte Winterlager vom Rhein bis an die Maas
• ..marschiert im Frühjahr 1761 in die Bereitstellungsräume Düsseldorf, Wesel und Kalkar-Rees.
• .. ist reichlich ausgestattet mit Reit-, Zug- und Tragtieren
• .. und ist gut versorgt mit Verpflegung und Futter – über die Flüsse Maas und Rhein
• … hat eine Stärke von: 112 Infanteriebataillone (520 Pers./ Battailon)
119 Reiter Schwadronen (120 Pers./ Schwadron)
einschließlich „leichter“ Truppen, Artellerie und Pionieren
in Summe folglich ca. 75.000 Personen
• Unter Führung von: 21 Generalleutnanten
48 Brigadegenerälen
• Ihr Ziel ist es, in einer Zangenbewegung, zusammen mit der durch Hessen heranziehenden Oberrheinarmee, die Alliierten auf dem westlichen Kriegsschauplatz zu vernichten.
Die Alliierten: (~50.000 Personen) setzen sich zusammen aus ..
• dem Hannoverschen Heer (Spörcken, August Friedrich – Feldmarschall)
(Infanterie, Artillerie, Pioniere, Reitertruppen [Cavallerie, Dragoner, Husaren], Jäger [leichte Truppen])
• den Britischen Truppen (Granby, mit Lord John Manners als Generalleutnant
(Infanterie, Artillerie, Reitertruppen [Cavallerie, Dragoner, Husaren])
• den Hessischen Truppen (Wutginau, mit Henrich Wilhelm als Generalleutnant)
(Infanterie [Füsiliere, Grenadiere, Jäger], Artillerie, Reitertruppen [Cavallerie, Dragoner, Husaren, Jäger])
• den Braunschweigischen Truppen (Erbprinz v. Braunschweig)
(Infanterie, Artillerie, Reitertruppen [Husaren, Jäger])
• den Preußischen Truppen
(Husaren, Freiwillige)
• den Schaumburg-Lippischen Truppen (Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe)
(Infanterie [Grenadiere, Jäger], Artillerie)
• dem Freicorps – wallonische Freiwillige
– Britische Legion (Pentz, Otto – Major)
Zeitlicher Ablauf bis zum Auftritt der NRA. am Hellweg:
• 19.04.1761: Der Oberbefehlshaber, Prinz von Soubise ist in Frankfurt/Main
• 21.04.1761: Prinz von Soubise ist in Köln
• 10.05.1761: Der Oberkommandierende reist weiter nach Wesel, dem Hauptversammlungsort der
Niederrheinarmee
• 13.06.1761: Der Aufmarsch aus den Versammlungsräumen beginnt!
• 14.06.1761: Die drei Marschsäulen vereinigen sich bei Essen
• 18.06.1761: Die Armee steht auf der Höhe von Marten b. Dortmund
Vom 16. – 18.06.1761 gibt es Dauerregen mit folglich aufgeweichten Böden
• 19.06.1761: Vorfelderkundung durch „leichte“ Truppenteile bei strichweisem Regen
• 21.06.1761: Angriff der „leichten“ Verbände auf Lünen, Kamen und Unna in mondheller Nacht …..
Die Truppen- Aufstellungen zu diesem Zeitpunkt sahen aus, wie folgt:

Die Lagerstellung bei Unna:
Nach der Besetzung der märkischen Städte bezog die Niederrheinarmee ab 22.06.1761 ihr Lager bei Unna und befestigte es.
Die Stellungen zog sich in Nord-Süd Richtung von den Höhen des Haarstrangs bis zur Seseke – Niederung.
Die Mitte bildete die Stadt Unna selbst, deren Bürger die alten Stadtbefestigungen an der Ostseite in aller Eile instand setzen mussten.


Die Vorhuten der Niederrheinarmee, die Gruppe Conde und Freiwillige L4 des Dauphine
bilden eine Vorfeldsicherung der Unnaer Lagerstellung mit 4 Schanzen
Vorfelderkundungen der Niederrheinarmee erfolgen am…
- 06.1761: bei Dreihausen und Scheda
- 24.06.1761: bei Büderich und Hemmerde
- 06.1761: bei Büderich
- 06.1761: bei Bremen und Höingen
- 27.06.1761: das Werler Schloss wird mit Feldkanonen behossen

Der Gegenschlag der Alliierten folgt am 29.06.1761 aus der Deckung der Städte Hamm und Werl
mit einem Aufmarsch von drei Gruppen gegen die Unnaer Lagerstellung
- zwischen Seseke und Hellweg => Gruppe Erbprinz v. Braunschweig
- auf dem Hellweg => Gruppe Herzog v. Braunschweig
- am Nordhang der Haar => Gruppe Wutginau/ Granby
- und dem Aufmarsch der Gruppe Wutginau–Granby // Conde (und später der anderen Gruppen)
- Auf dem Rückzug vor dem Gegenangriff werden die Dörfer Frömern und Kessebüren
von den französischen Conde-Truppen in Brand gesetzt, mögliche Deckung der Angreifer vernichtet

Der Fortgang der Ereignisse:
1.07. – 4.07.1761: Umfassungsversuch der Unnaer Lagerstellung durch die Alliierten
30.06. – 3.07.1761: Pfarrer Franz Ernst von Steinen geht mit einem Geleitbrief des franz. Generals Fischer von Dortund zum Oberbefehlshaber Soubise in Recklinghausen und erbittet Hilfe
für seine abgebrannte Gemeinde. Er erhält 2000 Taler.
3.07.1761: Die Niederrheinarmee gibt das Lager bei Unna auf, da die Alliierten im Raum Dortmund,
im Rücken der Lagerstellung, auftauchen. Sie zieht sich nach Osten zurück.
3./4.07.1761: Bei Schafhausen auf der Haar wird die Nachhut der Niederrheinarmee von der Vorhut der Alliierten (Erbprinz v. Braunschweig) eingeholt und angegriffen. Verluste und Gewinne halten sich in Waage.

4.07.1761: Die Niederrheinarmee bezieht Stellung in der Linie Büderrich Wickede/ Ruhr.
Das Hauptquartier lag in Schlückingen. Die alliierten Truppen bezogen die Linie
Scheda – Hilbeck
5.07.1761: Teile der Oberrheinarmee sind bis Erwitte vorgerückt.
6.07.1761: Die Befehlshaber von Ober- und Niederrheinarmee, Broglie und Soubise, trafen sich
in Schlückingen – siehe folgende Bilder.
7.07.1761: Die Niederrheinarmee bezog die Linie Soest – Ruhne.
Die Alliierten besetzten zunächst Stellungen zwischen Hilbeck und Wambeln
mit dem Ziel weiter nach Norden zu gehen, um die Stadt Hamm wieder zu decken.
10./14.07.1761: Die Alliierten bezogen ihre Posten zwischen Haus Borg bei Werl und Haus
Niederheidemühle a. d. Lippe. Die Oberrheinarmee rückte in ihre
Bereitstellungsräume zwischen Oestinghausen und Hovestadt vor. Vorfeldgeplänkel.
15./16.07.1761: Schlacht von Vellinghausen, Aufmarsch und Angriffe der ORA. auf die Stellungen der
Alliierten, die leichten Truppen Conde‘s verbinden ORA. u. NRA.



Abschnitt Lippe/ Ahse (hier: Lippe – Vellinghausen):
Alliierte
Brigade Wutginau => hessische Reg. Gilsa u. Wutginau, hannoversche
(15.07.1761) Bat. Bock u. Braunschweiger Bat. Prinz Friedrich – ~2600 Pers., am Abend schon
schwer angeschlagen, teilw. verschossen
(16.07.1761) Verstärkung und Zugang: Hann. Bat. Zastrow, Drewes,
Sance, Ahlefeldt u. Scheither, hess. Reg. Bischhausen ( ~2530 Pers.)
Oberrheinarmee
Brigade v. Closen => Freiw. Saint Victor, Reg. Nassau u. Zweibrücken,
(15.07.1761) Bat. Poitou u. Auvergne (5460 Pers.)
(15./16.07.1761) Ersatz: dt. Regimenter u. Freiw. SV durch J19 (Aquitanien), J10 (Rouge)
u. J2 (Champagne)
Wutginau, Wolff und Ahlefeldt gehen aus der Abwehr zum Angriff über
und treiben die Franzosen zurück!
Abschnitt Lippe/ Ahse (hier: Vellinghausen – Dinkerberg):
Alliierte
Brigade Granby => Bat. Pentz u. Udam (britische Legion)
(15.07.1761) => brit. Highland-Reg. 87, 88, Maxwell, Welsh
=> brit. Infantriereg. Napier, Stewart, Hodgson, Cornwallis
Pentz u. Udam wurden zum Abend hinter Vellinghausen zurückgedrückt
Oberrheinarmee
Brigade Guerchy => franz. Reg. J8 (Bourbonnais), J16 (Dauphin), J61 (Provence)
(15.07.1761)
Brigade Belsunce => Kgl. Legion L3, Grenadiere Frankreich J40, Kgl. Grenad.
(15./16.07.1761) In der Nacht erfolgt der Angriff der britischen Verbände am Dinkerberg nach Osten, mit
Artillerieunterstützung, überrannten die Geschützstellungen, schnitten dem Reg. Rouge
den Rückweg ab und brachte es ein. Broglie befahl dringend die Gruppe Conde (NRA.)
zur Hilfe heran.
Abschnitt Lippe/ Ahse (hier: Dinkerberg – Kirchdinker/ Ahse):
Alliierte
Brigade Granby => schaumb.-lippische Artillerie (Dinkerberg – Graf Wilhelm),
(15.07.1761) => braunschw. Inf. Reg. Imhoff,
=> hannoversches Garderegiment,
im Vorfeld => hess. Jäger u. Husaren
(16.07.1761) => (wg. der Nordverschiebung): brit. Reg. Howard, hess. Reg. Anhalt
=> Sicherung Kirchdinker: hess. Reg. Mannsbach


Oberrheinarmee
Brigade Belsunce => (bei Nateln – unschlüssig!)
Brigade Conde (NRA.) Reg. Boisgelin, Lyonnois, Krone, leichte Reiter
16.07.1761 Aufbruch, am Morgen, aber es geht zu langsam vor! Die Lage:
Im Nordabschnitt (zw. Vellinghausen u. Dinkerberg) ist für die Franzosen sehr schwierig.
Reg. Rouge wird eingekesselt und gefangen genommen. Rückzug auf Soest!!
15./16.07.1761: Schlacht von Vellinghausen, Aufmarsch und Angriffe der NRA. auf die Stellungen der Allierten.

Abschnitt Lippe/ Ahse (hier: Dinkerberg – Kirchdinker / Ahse):
Alliierte
Gruppe Erbprinz => brit. Brig. Waldegrafe, Howard, Bland
(Kortemühle, Niermöller)
=> hess. Reg. Gens d armes, Wolff, Leibgarde
=> hann. Reg. Alt- u. Jung-Bremer, Heise
(Scheidingen, Zollbrücke u. Schanze verteidigt)
Niederrheinarmee => Aufbruch aus der Lagerstellung Ense – Paradise (15.07.1761, 16°°)
16.07.1761 => L8 (Freiw. Soubise), J23 (Briqueville), J100 (Enghien), Gren. u. Jäger Garden
Besetzung der Klotinger Heide, Bedrohung und Angriff des gesicherten
Salzbachübergangs Scheidingen, werden aber zurückgeworfen)
=> L7 (Freiw. Conflans)
Bedrohung der gesicherten Salzbachübergänge Kortemühle u. Niermöller)
Fazit: Nach Gefechtsabbruch durch Broglie (ORA.)
erfolgt geordneter Rückzug auf die Ausgangsstellung
.
Nach der Schlacht von Vellinghausen:
Ende Juli 1761: Die Oberrheinarmee zieht sich aus der Gegend um Soest nach Hessen zurück.
Ein großer Teil der alliierten Armee folgt den Franzosen.
22.08.1761: Presbyteriumssitzung des Kirchspiels Buren bei Steveken in Ostbüren:
Pfarrer Franz Ernst von Steinen wird beauftragt, eine „Kollektenreise“ zu
unternehmen und Geld für den Wiederaufbau von Gebäuden zu erbitten.
23.08.1761: Prinz Conde rückt mit seinem Corps aus dem Münsterland vor die Festung
Hamm, besetzt mit den Bat. Stockhausen u. Appelboom der brit. Legion und
dem hess. Bat. Wolff, und beginnt, nach abgelehnter Übergabe, mit der Be-
schießung der Stadt durch Artillerie. Die Beschießung dauert 36 Std. und
zerstört etliche Häuser, es gibt aber keinen Brand. Durch anrückenden Ent-
satz wird Conde vertrieben.

Mítte September 1761: Pfarrer Franz Ernst von Steinen zieht mit seiner Familie aus Dortmund zurück
nach Frömern auf die „Langewiede“ (heute Wortmann) und
stärkt dadurch den Mut der Gemeinde zum Wiederaufbau.

